12.11.2009
Wettbewerbsrecht,Kartellrecht
EuGH: Geldbußen wegen Teilnahme an Kartell gerechtfertigt
Gerichtshof bestätigt fehlerfreie Beurteilung des Gerichts erster Instanz hinsichtlich des Grundsatzes der individuellen Bestrafung der Unternehmen
Von der Kommission verhängte Geldbußen gegen mehrere Unternehmen auf dem Markt für elektrotechnische und mechanische Kohlenstoff- und Graphitprodukte wegen der Teilnahme an einem Kartell, wurden zurecht erteilt. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften.
Mit Entscheidung vom 3. Dezember 2003 verhängte die Kommission Geldbußen in einer Gesamthöhe von 101,44 Mio. Euro gegen das französische Unternehmen Le Carbone-Lorraine (43,05 Mio. Euro) sowie mehrere deutsche Unternehmen, darunter SGL Carbon (23,64 Mio. Euro), wegen Teilnahme an einem Kartell in einem Zeitraum von Oktober 1988 bis Dezember 1999 auf dem Markt für elektrotechnische und mechanische Kohlenstoff- und Graphitprodukte. Diese Produkte werden in vielfältigen Bereichen (Industrieerzeugnisse, Bahnanlagen, Konsumgüter) zur Übertragung von elektrischem Strom in und aus Elektromotoren eingesetzt.
Unzulässige Maßnahmen gegen nicht dem Kartell angehörende Wettbewerber
Die Tätigkeiten des Kartells auf dem genannten Markt bestanden in der unmittelbaren und mittelbaren Festsetzung der Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen, der Aufteilung von Märkten insbesondere durch die Zuteilung von Kunden und abgestimmten Maßnahmen (mengenmäßige Beschränkungen, Preiserhöhungen und Boykottmaßnahmen) gegen nicht dem Kartell angehörende Wettbewerber. Die Mitglieder dieses Kartells kontrollierten mehr als 90 % des Marktes des Europäischen Wirtschaftsraums.
Verhängte Geldbußen gerichtlich bestätigt
Mit Urteilen vom 8. Oktober 2008 wies das Gericht erster Instanz die Klagen von vier der betroffenen Unternehmen, darunter Le Carbone-Lorraine und SGL Carbon, ab und bestätigte die Gültigkeit der Entscheidung der Kommission sowohl in Bezug auf die Bestimmung der Verantwortlichkeit als auch hinsichtlich der Bemessung der Geldbußen.
Unternehmen legen Rechtsmittel gegen Urteile ein
Le Carbone-Lorraine und SGL Carbon haben dagegen beim Gerichtshof Rechtsmittel eingelegt mit dem Ziel der Aufhebung der sie betreffenden Urteile des Gerichts und/oder einer Herabsetzung der verhängten Geldbußen.
EuGH: Gerichte haben bei Beurteilung nicht gegen Grundsatz der individuellen Bestrafung verstoßen
Mit seinen Urteilen weist der Gerichtshof diese Rechtsmittel zurück.
Das Vorbringen von Le Carbone-Lorraine weist er mit der Feststellung zurück, dass das Gericht (1) bei der Beurteilung des individuellen Verhaltens dieses Unternehmens und dessen Auswirkungen im Rahmen des Kartells nicht gegen den Grundsatz der individuellen Bestrafung verstoßen hat, (2) die Feststellungen der Kommission zu den Auswirkungen des Kartells und zur Schwere der Verletzung der Wettbewerbsregeln zu Recht gebilligt hat, (3) bei der Prüfung der Möglichkeit, die Geldbußen wegen der Kooperation bestimmter Kartellmitglieder mit der Kommission zu ermäßigen, nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen hat und (4) die besonderen Umstände, die die Situation von Le Carbone-Lorraine gegenüber der von SGL Carbon im Hinblick auf eine etwaige Herabsetzung des Bußgeldbetrags aufgrund von „anderen Faktoren“, d. h. der finanziellen Lage der beiden Unternehmen, kennzeichnen, nicht falsch beurteilt hat.
Urteil des Gerichts steht im Einklang mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz
Das Vorbringen von SGL Carbon weist der Gerichtshof mit der Feststellung zurück, dass die Berücksichtigung des Eigenverbrauchs der Kartellmitglieder bei der Ermittlung ihrer Umsätze sowie ihrer Marktanteile und damit bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbußen ein wesentlicher Bestandteil der Entscheidung ist, so dass SGL Carbon dies bereits in der Klageschrift hätte rügen müssen. Folglich hat das Gericht diese erst in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Rüge zu Recht wegen Verspätung als unzulässig eingestuft. Ferner stehen die Einteilung der am Kartell beteiligten Unternehmen in drei Kategorien und die pauschale Festsetzung der Grundbeträge, wie sie von der Kommission vorgenommen und vom Gericht gebilligt wurden, im Einklang mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz.
Angaben zum Gericht:
Quelle:ra-online, Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften