05.10.2007
Wettbewerbsrecht,Kartellrecht
Langfristige und bedarfsdeckende Lieferverträge von E.ON gerichtlich untersagt
Behinderung des Wettbewerbs auf dem Gasmarkt
Der für Kartellsachen aus dem Bereich der Energieversorgung zuständige 2. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat entschieden, dass die E.ON Ruhrgas AG in ihren Verträgen über die Gaslieferung an Regional- und Ortsgasunternehmen Vereinbarungen hinsichtlich langjähriger Bezugsverpflichtungen abzustellen hat.
Derartige Regelungen würden den Wettbewerb
auf dem Gasmarkt beschränken. Nachdem der Senat bereits durch Beschluss vom
20. Juni 2006 (vgl. Pressemitteilung vom selben Tag) in einem Eilverfahren den Antrag
der E.ON Ruhrgas AG auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Beschwerde abgelehnt
hatte, hat er durch seine heute verkündete Entscheidung einen entsprechenden
Beschluss des Bundeskartellamtes vom 13. Januar 2006 in vollem Umfang bestätigt.
Die E.ON Ruhrgas AG und sechs weitere überregionale Ferngasunternehmen bilden die
erste Stufe der dreistufig gegliederten Gaswirtschaft in Deutschland. Diese Unternehmen
verfügen über Bezugsverträge mit den wichtigsten in- und ausländischen Erdgasproduzenten
und –exporteuren. Auf der zweiten Stufe stehen acht regionale Ferngasunternehmen,
die weder eigene Förderquellen besitzen, noch über bedeutsame Lieferverträge mit
in- und ausländischen Erdgasproduzenten und –exporteuren verfügen. Auf der dritten Stufe
stehen regionale und lokale Gasversorger, die ihren wirtschaftlichen Schwerpunkt bei
der Belieferung von privaten Haushalten und Kleingewerbekunden haben. Die Verträge,
die Grundlage der Belieferung der Regional- und Ortsgasunternehmen u.a. durch die
E.ON Ruhrgas AG sind, weisen die Besonderheit auf, dass sie meist Bezugsbindungen
von 80 bis 100% des Gasbedarfs vorsehen und über lange Laufzeiten von mehr als vier
bis hin zu 20 Jahren abgeschlossen werden.
In dem von der E.ON Ruhrgas AG und zwei regionalen Versorgern angefochtenen Beschluss
vom 13. Januar 2006 hatte das Bundeskartellamt diese Praxis beanstandet.
Der 2. Kartellsenat hat die Rechtmäßigkeit der Verfügung des Bundeskartellamtes bestätigt
und zur Begründung u.a. ausgeführt, die Verträge mit Regional- und Ortsgasunternehmen
seien wegen ihrer Bedarfsdeckungsvereinbarungen und der langen Laufzeiten geeignet, den Wettbewerb auf dem Gasmarkt zu beeinträchtigen. Durch die Bindung des
nahezu gesamten Gasbedarf der regionalen Versorger an die E.ON Ruhrgas AG werde
verhindert, dass Regional- und Ortsgasunternehmen ihren Bedarf über Drittlieferanten
decken könnten.
Die Praxis der E.ON Ruhrgas AG, mit einem Abnehmer mehrere Verträge mit unterschiedlichen
Lieferanteilen und Laufzeiten („Stapelverträge“) abzuschließen, beschränke
gleichfalls den Wettbewerb. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung werde deutlich,
dass auch bei dieser Vertragsgestaltung nahezu der gesamte Bedarf eines regionalen
Versorgers über eine lange Zeit in der Hand eines einzelnen Anbieters gebündelt werde
und aus diesem Grund die Schranken für den Zutritt anderer Anbieter auf den Markt
der Versorgung von Regional- und Ortgasunternehmen mit Gas aufrecht erhalten würden.
Im Falle der Neuvergabe der bei gestaffelten Lieferverträgen frei werdenden Teilmengen
sei zu berücksichtigen, dass bei den durch ein langjähriges Gebietsmonopol in ihrem
Nachfrageverhalten geprägten Regional- und Ortsgasunternehmen die Bereitschaft zum
Wechsel zu einem anderen Anbieter nur sehr eingeschränkt vorhanden sei. Gerade kleinere
Regional- und Ortsgasunternehmen könnten dazu neigen, am vertrauten und bewährten
Vertragspartner festzuhalten.
Angaben zum Gericht:
Quelle:ra-online, Pressemitteilung des OLG Düsseldorf vom 04.10.2007