29.06.2022
Immobilienrecht,Mietrecht
Bestandsschutzverstärkende Klausel in Mietvertrag bindet auch neuen Erwerber
Kündigung wegen Eigenbedarfs nur in besonderen Ausnahmefällen
Beinhaltet ein Mietvertrag über eine Wohnung eine bestandsschutzverstärkende Klausel, wonach das Mietverhältnis vom Vermieter nur in besonderen Ausnahmefällen gekündigt werden kann, so bindet dies auch den neuen Erwerber. Eine Eigenbedarfskündigung ist dann nicht ohne weiteres möglich. Dies hat das Landgericht Berlin entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Mietvertrag über eine Wohnung in Berlin enthielt eine Klausel, wonach das Mietverhältnis für den Vermieter nur in "besonderen Ausnahmefällen" möglich war. Es mussten "wichtige berechtigte Interessen" die "Beendigung des Mietverhältnisses notwendig machen". Nachdem die Wohnung an eine neue Eigentümerin verkauft wurde, kündigte diese im Mai 2019 das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs. Der Mieter hielt die Kündigung für unzulässig und weigerte sich auszuziehen. Die Vermieterin erhob daraufhin Räumungsklage. Das Amtsgericht Berlin-Schöneberg gab der Klage statt. Dagegen richtete sich die Berufung des Mieters.
Kein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung
Das Landgericht Berlin entschied zu Gunsten des Mieters. Der Vermieterin stehe kein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung zu. Denn die Eigenbedarfskündigung sei unwirksam. Der Mietvertrag enthalte eine Kündigungsbeschränkung. Durch die Klausel werde dem Mieter ein erhöhter Bestandsschutz eingeräumt. Es müsse nach der Klausel eine besonderer Ausnahmefall vorliegen, in dem wichtige Interessen der Vermieterin eine Beendigung des Mietverhältnisses notwendig machen. Ein solches Interesse konnte die Vermieterin nicht darlegen.
Bestandsschutzverstärkende Klausel bindet neue Vermieterin
Die bestandsschutzverstärkende Klausel binde auch die Vermieterin, so das Landgericht, die gemäß § 566 Abs. 1 BGB in das Mietverhältnis eingetreten ist. Die Vermieterin werde dadurch nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 14 GG verletzt. Sie müsse sich entgegenhalten lassen, dass sie das Eigentum an der Wohnung von vornherein belastet mit der vertraglichen Kündigungsbeschränkung erworben hat.
Angaben zum Gericht:
Quelle:Landgericht Berlin, ra-online (zt/GE 2022, 521/rb)